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Проблема периодизации русской литературы ХХ века. Краткая характеристика второй половины ХХ века

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Характеристика шлифовальных кругов и ее маркировка

Служебные части речи. Предлог. Союз. Частицы

КАТЕГОРИИ:






Johann Wolfgang von Goethe 8 страница




 

Meine Ruh ist hin,

Mein Herz ist schwer,

Ich finde sie nimmer

und nimmermehr.

 

Nach ihm nur schau ich

Zum Fenster hinaus,

Nach ihm nur geh ich

Aus dem Haus.

 

Sein hoher Gang,

Sein edle Gestalt,

Seines Mundes Lächeln,

Seiner Augen Gewalt,

 

Und seiner Rede

Zauberfluß,

Sein Händedruck,

Und ach! sein Kuß!

 

Meine Ruh ist hin,

Mein Herz ist schwer,

Ich finde sie nimmer

und nimmermehr.

 

Mein Busen drängt

Sich nach ihm hin,

Ach dürft ich fassen

Und halten ihn,

 

Und küssen ihn,

So wie ich wollt,

An seinen Küssen

Vergehen sollt!

 

Marthens Garten

 

Margarete. Faust.

 

Margarete:

 

Versprich mir, Heinrich!

 

Faust:

 

Was ich kann!

 

Margarete:

 

Nun sag, wie hast du's mit der Religion?

Du bist ein herzlich guter Mann,

Allein ich glaub, du hältst nicht viel davon.

 

Faust:

 

Laß das, mein Kind! Du fühlst, ich bin dir gut;

Für meine Lieben ließ' ich Leib und Blut,

Will niemand sein Gefühl und seine Kirche rauben.

 

Margarete:

 

Das ist nicht recht, man muß dran glauben.

 

Faust:

 

Muß man?

 

Margarete:

 

Ach! wenn ich etwas auf dich konnte!

Du ehrst auch nicht die heil'gen Sakramente.

 

Faust:

 

Ich ehre sie.

 

Margarete:

 

Doch ohne Verlangen.

Zur Messe, zur Beichte bist du lange nicht gegangen.

Glaubst du an Gott?

 

Faust:

 

Mein Liebchen, wer darf sagen:

Ich glaub an Gott?

Magst Priester oder Weise fragen,

Und ihre Antwort scheint nur Spott

Über den Frager zu sein.

 

Margarete:

 

So glaubst du nicht?

 

Faust:

 

Mißhör mich nicht, du holdes Angesicht!

Wer darf ihn nennen?

Und wer bekennen:

»Ich glaub ihn!«?

Wer empfinden,

Und sich unterwinden

Zu sagen:»Ich glaub ihn nicht!«?

Der Allumfasser,

Der Allerhalter,

Faßt und erhält er nicht

Dich, mich, sich selbst?

Wölbt sich der Himmel nicht da droben?

Liegt die Erde nicht hier unten fest?

Und steigen freundlich blickend

Ewige Sterne nicht herauf?

Schau ich nicht Aug in Auge dir,

Und drängt nicht alles

Nach Haupt und Herzen dir,

Und webt in ewigem Geheimnis

Unsichtbar sichtbar neben dir?

Erfüll davon dein Herz, so groß es ist,

Und wenn du ganz in dem Gefühle selig bist,

Nenn es dann, wie du willst,

Nenn's Glück! Herz! Liebe! Gott

Ich habe keinen Namen

Dafür! Gefühl ist alles;

Name ist Schall und Rauch,

Umnebelnd Himmelsglut.

 

Margarete:

 

Das ist alles recht schön und gut;

Ungefähr sagt das der Pfarrer auch,

Nur mit ein bißchen andern Worten.

 

Faust:

 

Es sagen's allerorten

Alle Herzen unter dem himmlischen Tage,

Jedes in seiner Sprache;

Warum nicht ich in der meinen?

 

Margarete:

 

Wenn man's so hört, möcht's leidlich scheinen,

Steht aber doch immer schief darum;

Denn du hast kein Christentum.

 

Faust:

 

Liebs Kind!

 

Margarete:

 

Es tut mir lange schon weh,

Daß ich dich in der Gesellschaft seh.

 

Faust:

 

Wieso?

 

Margarete:

 

Der Mensch, den du da bei dir hast,

Ist mir in tiefer innrer Seele verhaßt;

Es hat mir in meinem Leben

So nichts einen Stich ins Herz gegeben

Als des Menschen widrig Gesicht.

 

Faust:

 

Liebe Puppe, fürcht ihn nicht!

 

Margarete:

 

Seine Gegenwart bewegt mir das Blut.

Ich bin sonst allen Menschen gut;

Aber wie ich mich sehne, dich zu schauen,

Hab ich vor dem Menschen ein heimlich Grauen,

Und halt ihn für einen Schelm dazu!

Gott verzeih mir's, wenn ich ihm unrecht tu!

 

Faust:

 

Es muß auch solche Käuze geben.

 

Margarete:

 

Wollte nicht mit seinesgleichen leben!

Kommt er einmal zur Tür herein,

Sieht er immer so spöttisch drein

Und halb ergrimmt;

Man sieht, daß er an nichts keinen Anteil nimmt;

Es steht ihm an der Stirn geschrieben,

Daß er nicht mag eine Seele lieben.

Mir wird's so wohl in deinem Arm,

So frei, so hingegeben warm,

Und seine Gegenwart schnürt mir das Innre zu.

 

Faust:

 

Du ahnungsvoller Engel du!

 

Margarete:

 

Das übermannt mich so sehr,

Daß, wo er nur mag zu uns treten,

Mein ich sogar, ich liebte dich nicht mehr.

Auch, wenn er da ist, könnt ich nimmer beten,

Und das frißt mir ins Herz hinein;

Dir, Heinrich, muß es auch so sein.

 

Faust:

 

Du hast nun die Antipathie!

 

Margarete:

 

Ich muß nun fort.

 

Faust:

 

Ach kann ich nie

Ein Stündchen ruhig dir am Busen hängen

Und Brust an Brust und Seel in Seele drängen?

 

Margarete:

 

Ach wenn ich nur alleine schlief!

Ich ließ dir gern heut nacht den Riegel offen;

Doch meine Mutter schläft nicht tief,

Und würden wir von ihr betroffen,

Ich wär gleich auf der Stelle tot!

 

Faust:

 

Du Engel, das hat keine Not.

Hier ist ein Fläschchen!

Drei Tropfen nur In ihren Trank umhüllen

Mit tiefem Schlaf gefällig die Natur.

 

Margarete:

 

Was tu ich nicht um deinetwillen?

Es wird ihr hoffentlich nicht schaden!

 

Faust:

 

Würd ich sonst, Liebchen, dir es raten?

 

Margarete:

 

Seh ich dich, bester Mann, nur an,

Weiß nicht, was mich nach deinem Willen treibt,

Ich habe schon so viel für dich getan,

Daß mir zu tun fast nichts mehr übrigbleibt. (Ab.)

 

Mephistopheles tritt auf.

 

Mephistopheles:

 

Der Grasaff! ist er weg?

 

Faust:

 

Hast wieder spioniert?

 

Mephistopheles:

 

Ich hab's ausführlich wohl vernommen,

Herr Doktor wurden da katechisiert;

Hoff, es soll Ihnen wohl bekommen.

Die Mädels sind doch sehr interessiert,

Ob einer fromm und schlicht nach altem Brauch.

Sie denken: duckt er da, folgt er uns eben auch.

 

Faust:

 

Du Ungeheuer siehst nicht ein,

Wie diese treue liebe Seele

Von ihrem Glauben voll,

Der ganz allein

Ihr seligmachend ist, sich heilig quäle,

Daß sie den liebsten Mann verloren halten soll.

 

Mephistopheles:

 

Du übersinnlicher sinnlicher Freier,

Ein Mägdelein nasführet dich.

 

Faust:

 

Du Spottgeburt von Dreck und Feuer!

 

Mephistopheles:

 

Und die Physiognomie versteht sie meisterlich:

In meiner Gegenwart wird's ihr, sie weiß nicht wie,

Mein Mäskchen da weissagt verborgnen Sinn;

Sie fühlt, daß ich ganz sicher ein Genie,

Vielleicht wohl gar der Teufel bin.

Nun, heute nacht –?

 

Faust:

 

Was geht dich's an?

 

Mephistopheles:

 

Hab ich doch meine Freude dran!

 

Am Brunnen

 

Gretchen und Lieschen mit Krügen.

 

Lieschen:

 

Hast nichts von Bärbelchen gehört?

 

Gretchen:

 

Kein Wort. Ich komm gar wenig unter Leute.

 

Lieschen:

 

Gewiß, Sibylle sagt' mir's heute:

Die hat sich endlich auch betört.

Das ist das Vornehmtun!

 

Gretchen:

 

Wieso?

 

Lieschen:

 

Es stinkt!

Sie füttert zwei, wenn sie nun ißt und trinkt.

 

Gretchen:

 

Ach!

 

Lieschen:

 

So ist's ihr endlich recht ergangen.

Wie lange hat sie an dem Kerl gehangen!

Das war ein Spazieren,

Auf Dorf und Tanzplatz Führen,

Mußt überall die Erste sein,

Kurtesiert ihr immer mit Pastetchen und Wein;

Bildt sich was auf ihre Schönheit ein,

War doch so ehrlos, sich nicht zu schämen,

Geschenke von ihm anzunehmen.

War ein Gekos und ein Geschleck;

Da ist denn auch das Blümchen weg!

 

Gretchen:

 

Das arme Ding!

 

Lieschen:

 

Bedauerst sie noch gar!

Wenn unsereins am Spinnen war,

Uns nachts die Mutter nicht hinunterließ,

Stand sie bei ihrem Buhlen süß;

Auf der Türbank und im dunkeln Gang

Ward ihnen keine Stunde zu lang.

Da mag sie denn sich ducken nun,

Im Sünderhemdchen Kirchbuß tun!

 

Gretchen:

 

Er nimmt sie gewiß zu seiner Frau.

 

Lieschen:

 

Er wär ein Narr! Ein flinker Jung

Hat anderwärts noch Luft genung.

Er ist auch fort.

 

Gretchen:

 

Das ist nicht schön!

 

Lieschen:

 

Kriegt sie ihn, soll's ihr übel gehn,

Das Kränzel reißen die Buben ihr,

Und Häckerling streuen wir vor die Tür! (Ab.)

 

Gretchen:(nach Hause gehend):

 

Wie konnt ich sonst so tapfer schmälen,

Wenn tät ein armes Mägdlein fehlen!

Wie konnt ich über andrer Sünden

Nicht Worte gnug der Zunge finden!

Wie schien mir's schwarz, und schwärzt's noch gar,

Mir's immer doch nicht schwarz gnug war,

Und segnet mich und tat so groß,

Und bin nun selbst der Sünde bloß!

Doch – alles, was dazu mich trieb,

Gott! war so gut! ach, war so lieb!

 

Zwinger

 

In der Mauerhöhle ein Andachtsbild der Mater dolorosa, Blumenkruge davor.

 

Gretchen steckt frische Blumen in die Kruge.

 

Ach neige,

Du Schmerzenreiche,

Dein Antlitz gnädig meiner Not!

 

Das Schwert im Herzen,

Mit tausend Schmerzen

Blickst auf zu deines Sohnes Tod.

 

Zum Vater blickst du,

Und Seufzer schickst du

Hinauf um sein' und deine Not.

 

Wer fühlet,

Wie wühlet

Der Schmerz mir im Gebein?

Was mein armes Herz hier banget,

Was es zittert, was verlanget,

Weißt nur du, nur du allein!

 

Wohin ich immer gehe

Wie weh, wie weh, wie wehe

Wird mir im Busen hier!

Ich bin, ach! kaum alleine,

Ich wein, ich wein, ich weine,

Das Herz zerbricht in mir.

 

Die Scherben vor meinem Fenster

Betaut ich mit Tränen, ach!

Als ich am frühen Morgen

Dir diese Blumen brach.

 

Schien hell in meine Kammer

Die Sonne früh herauf,

Saß ich in allem Jammer

In meinem Bett schon auf.

 

Hilf! rette mich von Schmach und Tod!

Ach neige,

Du Schmerzenreiche,

Dein Antlitz gnädig meiner Not!

 

Nacht. Straße vor Gretchens Türe

 

Valentin, Soldat, Gretchens Bruder.

 

Wenn ich so saß bei einem Gelag,

Wo mancher sich berühmen mag,

Und die Gesellen mir den Flor

Der Mägdlein laut gepriesen vor,

Mit vollem Glas das Lob verschwemmt,

Den Ellenbogen aufgestemmt,

Saß ich in meiner sichern Ruh,

Hört all dem Schwadronieren zu

Und streiche lächelnd meinen Bart

Und kriege das volle Glas zur Hand

Und sage:»Alles nach seiner Art!

Aber ist eine im ganzen Land,

Die meiner trauten Gretel gleicht,

Die meiner Schwester das Wasser reicht?«

Topp! Topp! Kling! Klang! das ging herum;

Die einen schrieen:»Er hat recht,

Sie ist die Zier vom ganzen Geschlecht.«

Da saßen alle die Lober stumm.

Und nun! – um's Haar sich auszuraufen

Und an den Wänden hinaufzulaufen! –

Mit Stichelreden, Naserümpfen

Soll jeder Schurke mich beschimpfen!

Soll wie ein böser Schuldner sitzen

Bei jedem Zufallswörtchen schwitzen!

Und möcht ich sie zusammenschmeißen

Könnt ich sie doch nicht Lügner heißen.

 

Was kommt heran? Was schleicht herbei?

Irr ich nicht, es sind ihrer zwei.

Ist er's, gleich pack ich ihn beim Felle

Soll nicht lebendig von der Stelle!

 

Faust. Mephistopheles.

 

Faust:

 

Wie von dem Fenster dort der Sakristei

Aufwärts der Schein des Ew'gen Lämpchens flämmert

Und schwach und schwächer seitwärts dämmert,

Und Finsternis drängt ringsum bei!

So sieht's in meinem Busen nächtig.

 

Mephistopheles:

 

Und mir ist's wie dem Kätzlein schmächtig,

Das an den Feuerleitern schleicht,

Sich leis dann um die Mauern streicht;

Mir ist's ganz tugendlich dabei,

Ein bißchen Diebsgelüst, ein bißchen Rammelei.

So spukt mir schon durch alle Glieder

Die herrliche Walpurgisnacht.

Die kommt uns übermorgen wieder,

Da weiß man doch, warum man wacht.

 

Faust:

 

Rückt wohl der Schatz indessen in die Höh,

Den ich dort hinten flimmern seh?

 

Mephistopheles:

 

Du kannst die Freude bald erleben,

Das Kesselchen herauszuheben.

Ich schielte neulich so hinein,

Sind herrliche Löwentaler drein.

 

Faust:

 

Nicht ein Geschmeide, nicht ein Ring,

Meine liebe Buhle damit zu zieren?

 

Mephistopheles:

 

Ich sah dabei wohl so ein Ding,

Als wie eine Art von Perlenschnüren.

 

Faust:

 

So ist es recht! Mir tut es weh,

Wenn ich ohne Geschenke zu ihr geh.

 

Mephistopheles:

 

Es sollt Euch eben nicht verdrießen,

Umsonst auch etwas zu genießen.

Jetzt, da der Himmel voller Sterne glüht,

Sollt Ihr ein wahres Kunststück hören:

Ich sing ihr ein moralisch Lied,

Um sie gewisser zu betören. (Singt zur Zither.)

 

Was machst du mir

Vor Liebchens Tür,

Kathrinchen, hier

Bei frühem Tagesblicke?

Laß, laß es sein!

Er läßt dich ein

Als Mädchen ein,

Als Mädchen nicht zurücke.

 

Nehmt euch in acht!

Ist es vollbracht,

Dann gute Nacht'

Ihr armen, armen Dinger!

Habt ihr euch lieb,

Tut keinem Dieb

Nur nichts zulieb

Als mit dem Ring am Finger.

 

Valentin(tritt vor):

 

Wen lockst du hier? beim Element!

Vermaledeiter Rattenfänger!

Zum Teufel erst das Instrument!

Zum Teufel hinterdrein den Sänger!

 

Mephistopheles:

 

Die Zither ist entzwei! an der ist nichts zu halten.

 

Valentin:

 

Nun soll es an ein Schädelspalten!

 

Mephistopheles(zu Faust):

 

Herr Doktor, nicht gewichen! Frisch!

Hart an mich an, wie ich Euch führe.

Heraus mit Eurem Flederwisch!

Nur zugestoßen! ich pariere.

 

Valentin:

 

Pariere den!

 

Mephistopheles:

 

Warum denn nicht?

 

Valentin:

 

Auch den!

 

Mephistopheles:

 

Gewiß!

 

Valentin:

 

Ich glaub, der Teufel ficht!

Was ist denn das? Schon wird die Hand mir lahm.

 

Mephistopheles(zu Faust):

 

Stoß zu!

 

Valentin(fällt):

 

O weh!

 

Mephistopheles:

 

Nun ist der Lümmel zahm!

Nun aber fort! Wir müssen gleich verschwinden

Denn schon entsteht ein mörderlich Geschrei.

Ich weiß mich trefflich mit der Polizei,

Doch mit dem Blutbann schlecht mich abzufinden.

 

Marthe(am Fenster):

 

Heraus! Heraus!

 

Gretchen(am Fenster):

 

Herbei ein Licht!

 

Marthe(wie oben):

 

Man schilt und rauft, man schreit und ficht.

 

Volk:

 

Da liegt schon einer tot!

 

Marthe(heraustretend):

 

Die Mörder, sind sie denn entflohn?

 

Gretchen(heraustretend):

 

Wer liegt hier?

 

Volk:

 

Deiner Mutter Sohn.

 

Gretchen:

 

Allmächtiger! welche Not!

 

Valentin:

 

Ich sterbe! das ist bald gesagt

Und balder noch getan.

Was steht ihr Weiber, heult und klagt?

Kommt her und hört mich an! (Alle treten um ihn.)

Mein Gretchen, sieh! du bist noch jung,

Bist gar noch nicht gescheit genung,

Machst deine Sachen schlecht.

Ich sag dir's im Vertrauen nur:

Du bist doch nun einmal eine Hur,

So sei's auch eben recht!

 

Gretchen:

 

Mein Bruder! Gott! Was soll mir das?

 

Valentin:

 

Laß unsern Herrgott aus dem Spaß!

Geschehn ist leider nun geschehn

Und wie es gehn kann, so wird's gehn.

Du fingst mit einem heimlich an

Bald kommen ihrer mehre dran,

Und wenn dich erst ein Dutzend hat,

So hat dich auch die ganze Stadt.

 

Wenn erst die Schande wird geboren,

Wird sie heimlich zur Welt gebracht,

Und man zieht den Schleier der Nacht

Ihr über Kopf und Ohren;

Ja, man möchte sie gern ermorden.

Wächst sie aber und macht sich groß,

Dann geht sie auch bei Tage bloß

Und ist doch nicht schöner geworden.

Je häßlicher wird ihr Gesicht,

Je mehr sucht sie des Tages Licht.

 

Ich seh wahrhaftig schon die Zeit,

Daß alle brave Bürgersleut,

Wie von einer angesteckten Leichen,

Von dir, du Metze! seitab weichen.

Dir soll das Herz im Leib verzagen,

Wenn sie dir in die Augen sehn!

Sollst keine goldne Kette mehr tragen!

In der Kirche nicht mehr am Altar stehn!

In einem schönen Spitzenkragen

Dich nicht beim Tanze wohlbehagen!

In eine finstre Jammerecken

Unter Bettler und Krüppel dich verstecken,

Und, wenn dir dann auch Gott verzeiht,

Auf Erden sein vermaledeit!

 

Marthe:

 

Befehlt Eure Seele Gott zu Gnaden!

Wollt Ihr noch Lästrung auf Euch laden?

 

Valentin:

 

Könnt ich dir nur an den dürren Leib,

Du schändlich kupplerisches Weib!

Da hofft ich aller meiner Sünden

Vergebung reiche Maß zu finden.

 

Gretchen:

 

Mein Bruder! Welche Höllenpein!

 

Valentin:

 

Ich sage, laß die Tränen sein!

Da du dich sprachst der Ehre los,

Gabst mir den schwersten Herzensstoß.

Ich gehe durch den Todesschlaf

Zu Gott ein als Soldat und brav. (Stirbt.)

 

Dom

 

Amt, Orgel und Gesang.

 

Gretchen unter vielem Volke. Böser Geist hinter Gretchen.

 

Böser Geist:

 

Wie anders, Gretchen, war dir's,

Als du noch voll Unschuld

Hier zum Altar tratst

Aus dem vergriffnen Büchelchen

Gebete lalltest,

Halb Kinderspiele,

Halb Gott im Herzen!

Gretchen!

Wo steht dein Kopf?

In deinem Herzen

Welche Missetat?

Betst du für deiner Mutter Seele, die

Durch dich zur langen, langen Pein hinüberschlief?

Auf deiner Schwelle wessen Blut?

– Und unter deinem Herzen

Regt sich's nicht quillend schon

Und ängstet dich und sich

Mit ahnungsvoller Gegenwart?

 

Gretchen:

 

Weh! Weh!

Wär ich der Gedanken los,

Die mir herüber und hinüber gehen

Wider mich!

 

Chor:

 

Dies irae, dies illa

Solvet saeclum in favilla.

 

(Orgelton.)

 

Böser Geist:

 

Grimm faßt dich!

Die Posaune tönt!

Die Gräber beben!

Und dein Herz,

Aus Aschenruh

Zu Flammenqualen

Wieder aufgeschaffen,

Bebt auf!

 

Gretchen:

 

Wär ich hier weg!

Mir ist, als ob die Orgel mir

Den Atem versetzte,

Gesang mein Herz

Im Tiefsten löste.

 

Chor:

 

Judex ergo cum sedebit,

Quidquid latet adparebit,

Nil inultum remanebit.

 

Gretchen:

 

Mir wird so eng!

Die Mauernpfeiler

Befangen mich!

Das Gewölbe

Drängt mich! – Luft!

 

Böser Geist:

 

Verbirg dich! Sünd und Schande

Bleibt nicht verborgen.

Luft? Licht?

Weh dir!

 

Chor:

 

Quid sum miser tunc dicturus?

Quem patronum rogaturus?

Cum vix justus sit securus.

 

Böser Geist:

 

Ihr Antlitz wenden

Verklärte von dir ab.

Die Hände dir zu reichen,

Schauert's den Reinen.

Weh!

 

Chor:

 

Quid sum miser tunc dicturus?

 

Gretchen:

 

Nachbarin! Euer Fläschchen!

 

(Sie fällt in Ohnmacht.)

 

Walpurgisnacht

 

Harzgebirg

 

Gegend von Schierke und Elend

 

Faust. Mephistopheles.

 

Mephistopheles:

 

Verlangst du nicht nach einem Besenstiele?

Ich wünschte mir den allerderbsten Bock.

Auf diesem Weg sind wir noch weit vom Ziele.

 

Faust:

 

Solang ich mich noch frisch auf meinen Beinen fühle,

Genügt mir dieser Knotenstock.

Was hilft's, daß man den Weg verkürzt! –

Im Labyrinth der Täler hinzuschleichen,

Dann diesen Felsen zu ersteigen,

Von dem der Quell sich ewig sprudelnd stürzt,

Das ist die Lust, die solche Pfade würzt!

Der Frühling webt schon in den Birken,

Und selbst die Fichte fühlt ihn schon;

Sollt er nicht auch auf unsre Glieder wirken?

 

Mephistopheles:

 

Fürwahr, ich spüre nichts davon!

Mir ist es winterlich im Leibe,

Ich wünschte Schnee und Frost auf meiner Bahn.

Wie traurig steigt die unvollkommne Scheibe

Des roten Monds mit später Glut heran

Und leuchtet schlecht, daß man bei jedem Schritte

Vor einen Baum, vor einen Felsen rennt!

Erlaub, daß ich ein Irrlicht bitte!

Dort seh ich eins, das eben lustig brennt.

Heda! mein Freund! darf ich dich zu uns fodern?

Was willst du so vergebens lodern?

Sei doch so gut und leucht uns da hinauf!

 

Irrlicht:

 

Aus Ehrfurcht, hoff ich, soll es mir gelingen,

Mein leichtes Naturell zu zwingen;

Nur zickzack geht gewöhnlich unser Lauf.

 

Mephistopheles:

 

Ei! Ei! Er denkt's den Menschen nachzuahmen.

Geh Er nur grad, in 's Teufels Namen!

Sonst blas ich ihm sein Flackerleben aus.

 

Irrlicht:

 

Ich merke wohl, Ihr seid der Herr vom Haus,

Und will mich gern nach Euch bequemen.

Allein bedenkt! der Berg ist heute zaubertoll

Und wenn ein Irrlicht Euch die Wege weisen soll

So müßt Ihr's so genau nicht nehmen.

 

Faust,

 

Mephistopheles,

 

Irrlicht (im Wechselgesang):

 

In die Traum – und Zaubersphäre

Sind wir, scheint es, eingegangen.

Führ uns gut und mach dir Ehre

Daß wir vorwärts bald gelangen

In den weiten, öden Räumen!

Seh die Bäume hinter Bäumen,

Wie sie schnell vorüberrücken,

Und die Klippen, die sich bücken,

Und die langen Felsennasen,

Wie sie schnarchen, wie sie blasen!

 

Durch die Steine, durch den Rasen

Eilet Bach und Bächlein nieder.

Hör ich Rauschen? hör ich Lieder?

Hör ich holde Liebesklage,

Stimmen jener Himmelstage?

Was wir hoffen, was wir lieben!

Und das Echo, wie die Sage

Alter Zeiten, hallet wider.

 

»Uhu! Schuhu!«tönt es näher,

Kauz und Kiebitz und der Häher,

Sind sie alle wach geblieben?

Sind das Molche durchs Gesträuche?

Lange Beine, dicke Bäuche!

Und die Wurzeln, wie die Schlangen,

Winden sich aus Fels und Sande,

Strecken wunderliche Bande,

Uns zu schrecken, uns zu fangen;

Aus belebten derben Masern






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